Ein Gutshaus und ein Verein


Das Dorf Drewen in der Ostprignitz liegt an der nordöstlichen Grenze der einstigen Kyritzer Feldmark. Domherren, Hofmeister und Räte der Markgrafen kamen aus Drewen. Seine Geschichte ist deshalb auch die der Mark Brandenburg. Sie zu erkunden, lohnt sich aus mehreren Gründen.

Nach der Bodenreform von 1945 wurde das Drewener Herrenhaus Dorfbesitz. Von da an konnten es alle Einwohner nutzen, als Kindergarten, Gaststätte, LPG-Kantine, Kino und Wohnhaus. Durch diese Erinnerungen ist es ihnen besonders ans Herz gewachsen. Seine Geschichte vor dieser Zeit wurde jetzt erst veröffentlicht. Das alles schafft Identität und Ortsverbundenheit, Gefühle, die von den meisten Politikern so gerne im Munde geführt werden. 2003 kam Drewen zu Kyritz. Die Politik versprach sich davon einen Nutzen für das Land, die Stadt und das Dorf. Die Realität wurde eine andere. Statt blühender Landschaften hat Drewen heute einen Park voller Müll und ein Gutshaus, das zusehends verfällt.

Kyritz sorgte in den letzten Jahren dafür, alle Mieter im Gutshaus aus ihren Wohnungen zu entfernen, wegen nötiger Reparaturen und zu geringem Lebensstandard. Nur einige Räume im Erdgeschoss werden noch von den Dorfvereinen genutzt. Ein Glück für das Haus und ein Strohhalm der Hoffnung. Hätten die Drewener sich nicht gewehrt, stünden auch diese Räume längst leer und das Haus wäre eine Ruine.

2020 kam heraus, dass der spätklassizistische Anbau an das barocke Herrenhaus von Martin Gropius stammt. Es war sein erstes Werk zeitgleich mit der Villa Heese in Berlin. Die Erkenntnis der Urheberschaft hat das Gutshaus vor den Abbruchphantasien der Stadt gerettet. Die Denkmalbehörde stellte es 2021 unter Denkmalschutz und setzte so ein Zeichen gegen Kyritzer Geschichtsvergessenheit. Haben wir im 2. Weltkrieg und danach noch nicht genügend Kunst- und Bauwerke verloren?

Das Drewener Gutshaus hat im Gegensatz zu vielen anderen Herrenhäusern und Schlössern 1945 und die DDR überstanden. Es ist natürlich verschandelt worden und man braucht eine gute Kenntnis seines ursprünglichen Erscheinungsbildes, wenn man noch etwas Besonderes in ihm sehen möchte. Traurig und verkommen präsentiert es sich heute. Den Gutshof hat man zerstört, der Park ist verwildert und mit Unrat übersät, dass es einem graust. Unkultur auf Raten wurde so von einer Generation auf die nächste weitergereicht.

Statt umzudenken, dauert der Leerstand fort, Reparaturen unterbleiben und der Verfall wird immer dramatischer. Steckt Kalkül dahinter, wenn Ressourcenmangel vorgeschoben und verwirrende Darlegungen erfolgen?

Es ist doch leicht zu verstehen: alte Gutshäuser sind wertvoll! Sie sind sichtbare und erlebbare Heimat, ein vorzügliches Mittel zur Bildung. Keine Anstrengung für sie darf uns zuviel sein. Sogar die härtesten Kommunisten hatten das irgendwann erkannt, indem sie sie wenigstens nutzten. Wer dies verhindert, zerstört sie und wer ohne Gewissensbisse dabei zusieht, ist ein Feind der Kultur, jemand, der sich an unseren Kindern versündigt. Die Gutshäuser sind es wert, dass man die Namen ihrer Zerstörer in der Geschichte benennt.

Im Mai 2022 haben wir den Verein Drewener Werkstätten Martin Gropius gegründet, um das Gutshaus in Drewen zu erhalten und um uns gegen kulturelle Verrohung und Orientierungslosigkeit aufzulehnen. Die Bewahrung und Förderung der ländlichen Kultur betrachten wir als Voraussetzung für eine lebenswerte Zukunft. In der ländlichen Kultur liegt die Wurzel der Menschlichkeit, sie ist ein Heilmittel gegen Raubwirtschaft, urbane Dekadenz und die Erinnerungslücken an unsere Herkunft.

Das Gutshaus zu retten, ist eigentlich nicht schwer. Man bräuchte nur Werkstätten darin einrichten und könnte so das Haus Stück für Stück wieder in einen guten Zustand versetzen. Gleichzeitig würde unsere Jugend praktische Fähigkeiten erlernen und den höheren Sinn des Lebens begreifen. Das ist eine lohnenswerte Aufgabe, für die wir Unterstützung brauchen statt Behinderung.